Sich bloß nicht blamieren
Gute Tischmanieren sind in vielen Situationen sehr wichtig.
Neulich rief mich eine Freundin an und teilte mir voller Freude mit, dass sie nach diversen Bewerbungen nun endlich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen hätte. Sie hatte sich auf eine Anzeige im Außendienst beworben, weil sie den direkten Kontakt mit den Kunden schätzt. Wortwörtlich sagte sie zu mir: „Stell dir mal vor – nach dem Gespräch werde ich vom Personalchef zum Mittagessen eingeladen. Glaub mir, den Job habe ich so gut wie in der Tasche.“ Nein, da irren sich die Bewerber. Gerade im Außendienst wird auf Tischmanieren geachtet, denn die Mitarbeiter vertreten ihr Unternehmen nach außen, und welches Unternehmen möchte sich mit seinem Mitarbeiter blamieren?
Wie verhält man sich nun bei Einladungen zum Essen?
a) Ich bestelle das teuerste Gericht – eingeladen ist eingeladen
b) Ich frage den Personalchef, ob er ein Gericht empfehlen kann, ansonsten orientiere ich mich im mittleren Preissegment
c) Wenn ich essen gehe, lege ich als erstes mein Handy auf den Tisch, damit ich jederzeit erreichbar bin und mein zukünftiger Arbeitgeber sehen kann, wie wichtig ich bin
d) Wenn ich eingeladen bin, dann bestimme ich den Zeitraum des Essens – Gast ist Gast
(Richtige Antwort: b)
Gudrun Jückmann empfiehlt:
Der Gastgeber beziehungsweise die Gastgeberin wählt das Restaurant aus und betritt es auch zuerst. Wie heißt es so schön: „Wer zahlt, ist vorn.“ Lädt eine Frau ein, dann bestellt sie das Essen, probiert den Wein und bezahlt die Rechnung. Aber nun der Reihe nach:
Vor dem Essen: Mittags seltener, dafür aber abends wird vor Beginn des Essens ein Aperitif angeboten, wie zum Beispiel Champagner, Sherry, Campari, Hugo, Aperol Spritz und so weiter. Bier ist ein Durstlöscher, aber kein Aperitif und wird anstelle eines Aperitifs bestellt. In gehobenen Restaurants wird zum Aperitif ein Gruß aus der Küche serviert – ein „amuse-gueule“. Dies sind Appetitanreger, die auf kleinen Löffeln mit gebogenem Griff (Happy Spoon) oder kleinen Gabeln mit gebogenem Griff serviert werden. Am Tisch vor dem Essen wird der kleine Gruß aus der Küche „amuse-(en)-bouche“ genannt.
Bei Tisch: Wenn der Gastgeber nach dem Empfang zu Tisch bittet, bleibt der Aperitif entweder an der Bar oder wird der Service-Kraft auf das Tablett gestellt. Manchmal nehmen die Gäste ihr angetrunkenes Glas mit an den Tisch. Wenn der Service den Wein einschenkt und das Essen serviert, wird vom Aperitif nicht mehr getrunken und die Gläser werden abgeräumt. Nachdem sich die Gäste gesetzt haben, nimmt der Gastgeber als letzter Platz. Meist trifft er die Menüwahl. Um den Preisrahmen nicht zu sprengen, spricht der Gastgeber oft Empfehlungen aus.
Auf den Tisch gehören weder Handtaschen noch Smartphones, Autoschlüssel und so weiter. Haben Sie als Dame eine kleine Handtasche dabei, dann können Sie diese entweder auf Ihren Schoß unter die Serviette oder zwischen Rücken und Stuhllehne legen. Größere Handtaschen gehören auf den Boden, und zwar vor Ihnen zwischen die Füße. Niemals wird die Tasche an die Stuhllehne gehängt oder neben den Stuhl gestellt. Das würde das Personal beim Servieren stören.
Stilvolles Essen will gelernt sein. Die Illustratorin Kerstin Vogelsberger hat das Thema zeichnerisch umgesetzt.
Serviert und abgeräumt wird immer von rechts. Von links bekommen Sie nachgereicht, oder es werden Ihnen Platten zur Selbstbedienung gereicht. Die Serviette wird aufgenommen, wenn der erste Gang serviert wird. Bei einer Einladung nimmt der Gastgeber als Erster die Serviette auf. Dreiviertel der Serviette werden nach innen eingeschlagen, sehr große Servietten mittig gefaltet. So können Sie sich einwandfrei mit der Innenseite die Lippen tupfen. Während des Essens bleibt die Serviette die ganze Zeit auf den Oberschenkeln liegen.
Während des Essens: Wird die Suppe in Tassen serviert, gehören die Suppenlöffel nach dem Essen auf die Unterteller. Beim Essen des Hauptganges werden mit dem Besteck keine Brücken gebaut. Ist das Besteck einmal aufgenommen, bleibt es der Tischdecke fern. Wenn Sie nachgelegt bekommen oder eine Essenspause machen möchten, dann kreuzen Sie das Besteck auf dem Teller. Sind Sie fertig, legen Sie das Besteck parallel auf „16.25 Uhr“ ab. Dessertbesteck für Eis- oder Dessertbecher wird auf dem Unterteller abgelegt und nicht im Becher/Glas gelassen.
Der Tisch darf nur zwischen den Gängen verlassen werden. Dann legen Sie Ihre Serviette links ab, wenn dort kein Platz ist, auch rechts, aber niemals auf der Stuhlfläche. Das machen nur die Amerikaner. Nach dem Essen wird die Serviette lose gefaltet und links vom Teller abgelegt.